DER NEUE HUT

Mein Freund Wolfgang

Als ich im September 1945 aus sowjetischer Gefangenschaft nach Hause kam, war ich, wie fast jeder Heimkehrer, auch durch eine Glatze gezeichnet. Gleich in den ersten Tagen traf ich meinen Freund Wolfgang.
Ihm ging es wie mir. Auch er kam kahlköpfig aus Gefangenschaft. Um seine Blöße zu verdecken, war mein Freund auf dem Wege zu einem Hutgeschäft, hatte aber Hemmungen, allein dort hinzugehen.

„Werner, ich will mir einen Hut kaufen gehen“, erklärte mir Wolfgang, „ich habe aber ein wenig Bammel. Ich geniere mich. Willst du nicht mitkommen?“
„Du, dazu habe ich kein Geld“, gab ich wahrheitsgemäß zur Antwort.
„Das macht nichts“, nahm mir Wolfgang den Wind aus den Segeln, „Geld habe ich genug. Wenn du mitkommst, kaufe ich dir auch einen Hut.“
So kam ich dank meines Freundes, wenige Tage nach meiner Heimkehr, billig zu einem neuen Hut, der mir lange Zeit gute Dienste geleistet hat.

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