WEIHNACHTSGESCHENKE

Wie schwierig die Situation für meine Eltern manchmal auch gewesen sein mag, ein schönes Geschenk hat mir der Weihnachtsmann immer gebracht. An die meisten kann ich mich sogar noch gut erinnern. Als ich 3 Jahre alt war, kam der Weihnachtsmann und fragte mich, ob ich auch schön artig gewesen bin, denn nur artige Kinder bekommen etwas geschenkt. Unartige Kinder bekommen nur etwas mit der Rute.

Nachdem ich mein Gedicht aufgesagt hatte: „Lieber guter Weihnachtsmann, schau mich nicht so böse an, stecke deine Rute ein, ich will auch immer hübsch artig sein“, holte er für mich aus seinem Sack einen Pferdestall hervor, den ich freudig erregt, aber doch mit einem ängstlichen Blick zur Rute, entgegennahm. Er war massiv aus Holz und in dem nach vorne offenen Stall stand ein kleiner Wagen und ein hölzernes Pferdchen auf einem Brettchen mit Rädern. Das Pferd konnte ich anspannen und mit dem Wagen zusammen ziehen. Ich war dann der Kutscher, der den Wagen belud und damit überall hinfuhr.
Als ich 5 Jahre alt war, glaubte ich schon nicht mehr so fest an die Existenz des Weihnachtsmannes.
Als er dann aber angepoltert kam, seinen schweren Sack von der Schulter nahm, und gewichtig mit seiner Rute drohte, rutschte mir doch das Herz in die Hose und ich betete mein Sprüchlein herunter, damit er mir mein Geschenk gab.
Es war ein Kaufladen, ähnlich einer Puppenstube, und eingerichtet wie ein Tante-Emma-Laden. Hinten und an den Seiten befanden sich Regale mit den verschiedensten Waren. Im Vordergrund stand der Verkaufstisch. Darauf eine Registrierkasse, an der man richtig die Preise einstellen konnte und in der sich auch Spielgeld befand. Daneben eine kleine Kaufmannswaage, wo hinten und vorn ein Zeiger auf einer Skala das Gewicht anzeigte. Dazu noch ein Ständer mit zwei Papierrollen, zum einwickeln der verkauften Sachen.
Ich jauchzte innerlich, schaute aber doch noch mal vorsichtig nach oben zum Weihnachtsmann, ob diese wunderbaren Dinge wirklich mir gehören sollten. Doch der alte Mann aus dem verschneiten Wald war schon damit beschäftigt, meiner Mama ein Paket zu überreichen. Mein Papa war eigenartigerweise gerade nicht da. Als der Weihnachtsmann wieder hinausgepoltert war und sich die Spannung gelegt hatte, sagte ich kess zu meiner Mama: „Das war doch gar kein richtiger Weihnachtsmann, am Kinn war ja alles kaputt und da konnte man sehen, dass das Papa war.“
„Na, na“, sagte meine Mutter, um den Schein zu wahren, „mach bloß den Weihnachtsmann nicht böse, ich höre ihn ja draußen noch poltern. Womöglich kommt er noch mal zurück und nimmt dir dein Geschenk wieder weg und du bekommst dafür etwas mir der Rute“.
Da wurde mir, trotz meiner Zweifel, doch mulmig zumute. Ich lauschte angestrengt nach draußen und war erleichtert, als sich die schweren Schritte entfernten.
Mit 7 Jahren glaubte ich nicht mehr an den Weihnachtsmann. Ich wusste, an wen ich mich mit meinen Wünschen zu richten hatte.
„Mama, ich habe im Katalog von Quelle (den gab es damals wirklich schon!) eine Spielzeug-Eisenbahn gesehen, die wünsche ich mir zu Weihnachten. Sie hat ein rundes Gleis und eine Lokomotive zum aufziehen. Schau dir das mal an. Auf dem einen Waggon ist sogar eine Kanone, mit der man mit Zündplättchen richtig schießen kann und auf dem anderen ein kleiner Panzer, aus dessen Kanone, wenn er fährt, funken sprühen. Damit könnte ich aber schön spielen“.
„Das tut mir leid, aber so viel Geld haben wir nicht, die Eisenbahn wirst du wohl nicht bekommen können“, dämpfte meine Mutter meine hoffnungsvollen Erwartungen, nachdem sie den Preis des Spielzeugs gesehen hatte.
Ich war enttäuscht! Aber schließlich fand ich mich damit ab; was blieb mir auch weiter übrig.
Um so größer war die Freude, als ich wider Erwarten am heiligen Abend unter dem Weihnachtsbaum ein großes Päckchen fand, in dem sich, oh Wunder, dann doch die von mir so sehnlichst gewünschte Eisenbahn befand.
Jahre später überraschten mich meine Eltern mit einem, damals bei den Kindern meines Alters sehr gefragten, Stabilbaukasten zu Weihnachten. Er förderte mit seinen vielen gestalterischen Möglichkeiten meine Kreativität und mein handwerkliches Können. Es war nur folgerichtig, das ich in den darauf folgenden Jahren entsprechende Ergänzungskästen geschenkt bekam.
Ein von mir auch sehr geschätztes Weihnachtsgeschenk war der wunderbar ausgestattete Sammelband mit Indianer- und Trappergeschichten, wie ‚Lederstrumpf‘, ‚Der letzte der Mohikaner‘, ‚Der Wildtöter‘ und ‚Der Pfadfinder‘ von J. F. Cooper.
Die größte Freude bereiteten mir meine Eltern aber, als ich von ihnen zu Weihnachten 1941 eine zweireihige Knopf-Ziehharmonika der Marke Hohner geschenkt bekam.
Ich begann sofort darauf zu üben. Da ich keine Noten kannte, suchte ich mir die entsprechenden Knöpfe für die Töne nach Gehör. Das machte etwas Mühe, ging den anderen aber auch ganz schön auf die Nerven. Doch bald ertönten, schon recht erkennbar: ‚Alle meine Entchen‘ und ‚Fuchs du hast die Gans gestohlen‘. Doch bis ich zugleich zu meinen Melodien auch die Begleitung spielen konnte dauerte noch eine gewisse Zeit.
Durch fleißiges Üben entwickelten sich meine Fertigkeiten, so das ich in den ersten Nachkriegsjahren bei Familienfeiern, Hochzeiten von Freunden u.s.w. sogar zum Tanz aufspielte, und gipfelte schließlich darin, dass ich selbst ein solch schwieriges Stück, wie Glenn Millers: ‚In the mood‘ perfekt auf meiner Ziehharmonika intonierte.
Eigentlich war ich doch als Kind ein richtiger Glückspilz! Oder etwa nicht??
vorherige SeiteSeite 71 von 164nächste Seite