DAS WORT VORAUS

Werner Krause

Nun bin ich 65 Jahre alt und Rentner.
Mit 66 Jahren, so heißt es in einem Schlager von Udo Jürgens, da fängt das Leben an und da hat man Spaß daran.
In Wirklichkeit hat man aber mit 65 Jahren schon ein langes Leben hinter sich. Es fängt nicht neu an, sondern wird nur anders. Es wird ruhiger und besinnlicher, ohne den täglichen Zwang zur Arbeit, aber dennoch nicht tatenlos; anspruchsloser, aber nicht inhaltslos, vielleicht etwas beschwerlicher, aber dennoch heiter; also, noch lange kein Lebensabend, sondern ein Leben mit ganz neuem Inhalt; nicht mehr so hektisch wie früher, sondern beschaulicher, mit neuen Freunden, neuen Interessen, neuen Erwartungen und neuem Tun; vielleicht mit ein wenig mehr Erfahrungen, als ein Jüngerer, also weiser, und trotzdem neugierig auf jeden neuen Tag.

Ich hatte mich schon lange mit dem Gedanken getragen, meine Erinnerungen einmal niederzuschreiben. Bisher fehlte mir dazu die Zeit. Jetzt habe ich sie. So sitze ich denn vor meinem Computer und schreibe. Obwohl ich kein Tagebuch geführt habe, staune ich immer wieder, an wie viele Details meines Lebens ich mich noch erinnern kann. Es ist eigenartig; beim Betrachten alter Bilder, beim Lesen von Briefen und Dokumenten und im Gespräch mit alten Freunden wird vieles, was nur noch vage in Erinnerung war, wieder aufgefrischt und Vergessenes kehrt ins Bewusstsein zurück.
Ich weiß nicht, ob das, was ich zu Papier bringe, jemals veröffentlicht wird, doch umsonst ist es nicht. Es dient der Selbstverständigung. Vielleicht haben meine Frau und meine Kinder Spaß daran, es zu lesen. Oder ein alter Freund findet es amüsant.
So schreite ich denn zur Tat!
Dabei stelle ich fest: Es macht mir große Freude, auf den Pfaden der Erinnerung zu schreiten.
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