ABGERUTSCHT

Das schmiedeeiserne Hoftor, das beinahe etwas zu protzig zwischen den beiden gemauerten Pfeilern hing, war aber die ganze Zierde unseres Hauses. Es verband die beiden schmucklosen, unverputzten Backstein-Klötze der Grünstrasse 1 zu einem Ganzen und veredelte sie in gewisser Weise. Die Lücke zwischen dem linken Pfeiler und dem großen Haus war der Eingang zum Hof und wurde durch eine schwere schmiedeeiserne Tür verschlossen. Den, etwa einen Meter betragenden, Raum zwischen dem rechten Pfeiler und dem kleinen Haus, in dem wir wohnten, verband ein Stück fest verankerter schmiedeeiserner Zaun, und die schmale Nische dahinter wirkte wie ein vergittertes Kerkerverlies. Im Abstand von 25 cm waren lange eiserne Stäbe angeordnet, die oben in einer pfeilartigen Spitze ausliefen. Dazwischen waren kurze Eisenstäbe montiert, die am Ende mit einer kugelartigen Verdickung verziert waren.

Aus reiner Bequemlichkeit kroch ich oft, wenn ich wegging, durch die Gitterstäbe an unserem Häuschen auf die Strasse. So sparte ich mir den längeren Weg schräg über den Hof zur Tür.
Eines Tages, es hatte etwas geregnet, schickte mich meine Mutter zum Bäcker, um ein paar Semmeln zu holen. Wie gewöhnlich nahm ich die Abkürzung durch die eisernen Staketen. Ich hatte nur Hauspantoffeln an und dadurch wenig Halt. Dazu kam, dass die eiserne Verstrebung vom voran gegangenen Regen glitschig war. Deshalb rutschte ich ab, als ich mich durch die Stäbe zwängte, sauste voller Wucht auf solch einen kurzen Eisenstab und stieß mir die kugelige Verdickung in den After. Es tat furchtbar weh! Schmerzgekrümmt schlich ich wieder zurück.
Meine Mutter wunderte sich: „Du bist ja schon wieder da. Das ging aber schnell.“
„Mama, ich war noch gar nicht beim Bäcker“, jammerte ich, „als ich durch den Zaun klettern wollte, bin ich abgerutscht und habe mir die Eisenstange in den Hintern gerammt. Es brennt ganz fürchterlich“.
„Dreh dich mal um“, forderte mich meine Mutter auf. Als sie sich meinen Hosenboden besehen hatte, vermerkte sie: „Ist nicht so schlimm. Es ist nur die Naht geplatzt, die ist schnell wieder geflickt.“
„Aber im Po tut es doch mächtig weh“, wimmerte ich weinerlich.
„Na, dann ziehe mal die Hose aus, damit ich mir deinen lädierten Hintern ansehen kann“, verlangte sie, und als sie sah, dass mir das Schwierigkeiten bereitete, half sie mir dabei. Während sie mir die kurze Hose abstreifte, fiel aus dem einen Hosenbein – ich hätte vor Scham in den Boden versinken können – ein Kackrempel, der mir beim Aufprall auf die Eisenkugel aus dem After gepresst worden war. Auch der After war Kotverschmiert. Als meine Mutter ihn säuberte, um etwas zu erkennen, hätte ich vor Schmerzen schreien können.
„Eingerissen scheint nichts zu sein“, versuchte meine Mutter mich zu beruhigen, „aber ein ansehnlicher Bluterguss ist am Darmausgang zu erkennen. Das der weh tut, glaube ich dir gerne“, stellte sie abschließend fest.
Unser Arzt, den ich aufsuchen musste, konnte auch nichts weiter tun, als mir eine schmerzlindernde, kühlende Heilsalbe zu verschreiben. Ich musste mehrere Tage das Bett hüten und es dauerte eine ganze Weile, bis ich wieder sitzen konnte und beim Stuhlgang keine Schmerzen mehr hatte.
Der Denkzettel, den ich für meinen Leichtsinn bekommen hatte, reichte mir fürs Nächste, und längere Zeit benutzte ich dann doch lieber die Hoftür. Meine Freunde aber, denen mein Pech nicht verborgen geblieben war, nannten mich voller Schadenfreude ein Weilchen „..der mit dem Proppen im Arsch...“.
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