MONDSCHEINROMANZE

Das Leben ist voller eigenartiger Zufälle.

Ich war mit meinem Freund Ernst auf dem Wege zur Sprucke. Als wir durch die Bothmer Straße gingen, kamen uns zwei Mädchen entgegen. Die eine blond und die andere dunkelhaarig, waren beide kokett darauf bedacht, auf sich aufmerksam zu machen. Wir wären keine jungen Männer von zwanzig Jahren gewesen, wenn wir nicht darauf eingegangen wären.
„Hallo, ihr Schönen, wo soll es denn hingehen?“, bandelten wir plump an.
„Das möchtet ihr wohl gerne wissen!?“, gab die Blonde kess zur Antwort, blieb aber mit ihrer Freundin, wie es schien doch interessiert, bei uns stehen.
Ernst fand wohl die Dunkelhaarige sympathisch, denn er begann gleich, mit ihr zu flirten. Das war mir ganz recht, denn mir gefiel die Blonde viel besser und ich wendete mich ihr zu. Als ich sie anschaute, war ich verdutzt. Das Mädchen, welches vor mir stand, war ja Irmgard, mein Kindheitsschwarm. Wenigstens acht Jahre hatten wir uns nicht gesehen. Mit Genugtuung stellte ich fest: Aus dem niedlichen kleinen Mädchen von damals hatte sich eine adrette junge Frau entwickelt.
„Irmgard, ich fasse es nicht! Dich zu treffen, hätte ich nicht erwartet, wie geht es dir!?“, begrüßte ich sie erfreut.
Sie stutzte einen kleinen Augenblick, doch dann ging auch über ihr Gesicht ein erkennendes Lächeln. „Mein Gott, Werner, beinahe hätte ich dich nicht wiedererkannt! Was machst du denn so?“
Ich merkte, dass auch sie sich freute, mich nach so langer Zeit wieder zu treffen.
„Sagt mal, was macht ihr denn am Wochenende? Habt ihr nicht Lust, mit uns am Deulowitzer See zu Zelten?“, fassten wir die Gelegenheit beim Schopfe.
Nachdem sie sich kurz beraten hatten, sagten sie zu. Wir verabschiedeten uns mit dem festen Versprechen, uns Sonnabendnachmittag am See zu treffen.
Ernst und ich hatten seit langem ein schönes Plätzchen an der nordwestlichen Seite des Sees, wo ein breiter Schilfgürtel Schutz bot, zu unserem Zeltplatz erkoren. Durch eine Schneise im Schilf konnte man zum offenen Wasser gelangen. Für mein Faltboot war das auch eine wunderschöne Landestelle. Am Bootshaus vorbei, das romantisch auf Pfählen im Wasser stand, gelangte man auf einem schmalen Waldpfad zum ,Seehof‘, einer Gaststätte der VdgB (BHG), wo wir uns immer unser Mittagessen bereiten ließen.
Als die beiden Mädchen mit ihren Fahrrädern ankamen, hatten Ernst und ich schon das Zelt aufgebaut und ,wohnlich‘ eingerichtet. Es war Hochsommer und wunderschönes Wetter. Wir badeten ausgiebig, fuhren mit dem Faltboot das Seeufer ab, um uns von den Badegästen bewundern zu lassen und schwelgten in dem schönen Gefühl der Gemeinsamkeit.
Nach dem Abendessen saßen wir vor dem Zelt, genossen den lauen Abend, schwatzten und schäkerten und versuchten mit dem Rauch unserer Zigaretten die Mücken zu vertreiben.
Mit anbrechender Dunkelheit stieg der volle Mond am Himmel auf und ließ auf dem dunklen Wasser seinen Silberstrahl wie eine helle Straße aufleuchten.
Ich lud Irmgard zu einer Mondscheinfahrt mit dem Boot ein. Der Deulowitzer See lag wie ein Spiegel aus Quecksilber im Mondschein, eingerahmt von der geheimnisvollen Finsternis des Waldes. Leise plätschernd glitt das Boot durchs Wasser. Es war eine Stimmung, so recht zum Küssen und Schmusen, die uns beide gefangen nahm. Anfangs trieb ich das Boot noch mit leichten Paddelschlägen durchs Wasser. Bald jedoch ließ ich es treiben, und nichts störte die Stille, außer das Quaken der Frösche am Ufer und das Plätschern des Wassers, wenn irgendwo ein Fisch aufsprang. Wir saßen beide eng aneinandergeschmiegt und taten das, was Verliebte in einer solchen lauen Sommernacht gewöhnlich tun. Dabei vergaßen wir Zeit und Raum.
Es waren sicher Stunden vergangen, bis wir mit dem Boot wieder durch den Schilfgürtel rauschten und am Zeltplatz anlegten. Man sah es den beiden Zurückgebliebenen an, dass auch sie von der romantischen Stimmung am See überwältigt worden waren. Jedenfalls war ihr Lager im Zelt recht zerwühlt.
Nachdem Ernst mit seiner Freundin im Boot auf dem See verschwunden war, wurde für Irmgard und mir nun das Zelt der Platz, wo wir unsere Zärtlichkeiten weiter austauschten.
Natürlich stand am nächsten Morgen die Sonne schon hoch am Firmament, als wir das Zelt von innen öffneten und uns im See erfrischten.
Ich habe mich danach mit Irmgard noch mehrere Male getroffen und es war für uns beide eine schöne Zeit. Es blieb aber doch nur eine Liaison von kurzer Dauer.
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